Elefant auf der Brust – ein Buch über Herzschmerz (zum Verlieben)

Elefant auf der Brust oder: Warum sich Liebeskummer lohnt

Gleich vorweg – ich habe mich verliebt in ein über Liebeskummer, das auch bei allgemeinem Herzschmerz ein*e gute*r Freund*in ist.

“Elefant auf der Brust” ist das zweite der Autorin und Illustratorin (und Übersetzerin) Lucia Zamolo. Ihr Buchdebüt war das 2019 erschienene Buch “Rot ist doch schön” in dem sie allerlei Gedanken und Geschichten rund um das Thema Menstruation liebevoll grafisch aufbereitet gesammelt hat.

Mit “Elefant auf der Brust” widmet sie sich einem Thema das nicht weniger präsent im Leben junger Heranwachsender, aber auch von Erwachsenen, ist – dem Liebeskummer. 

Während im dezentes Rot, Rosa und Lila als Farben dominieren, gebrochen von gelben und grünen Akzenten, und die im Buch abgebildete Erzählerin weiblich ist, sind die Denkanstöße und Erklärungen erfrischend klischeefrei und richten sich nicht explizit an Mädchen, denen von Jungs ihr -ach so weiches- Herz gebrochen wurde. 

Allgemein kommt Zamolos erfrischend ohne (Geschlechter-) daher. Wenn sie hie und da über Dinge wie das Stricken als mögliche Ablenkung vom Herzschmerz schreibt, dann tut sie das mit einem Augenzwinkern und stellt es beispielsweise demgegenüber, dass nicht jede*r aus Leid einen Klassiker der Weltliteratur wie “Die Leiden des jungen Werthers” hervorbringen muss, um jeden Moment des Lebens erfolgreich zu nutzen. Denn traurig sein, vermissen, weinen, der Drang nach oder bei Freund*innen oder Familie nach Hilfe suchen, all das ist ok. (Und übrigens auch Leistung und zwischendurch auch richtig Arbeit.)

Zamolos Erzählerinnenstimme erwähnt immer wieder Namen, die auch ihr das Herz gebrochen haben. Was dabei auffällt ist, dass diese nicht unbedingt männlich verstanden werden müssen (Maxi, Luca) und das damit nicht explizit nur von heterosexuelle Liebe als Norm erzählt. Es lässt Platz für eigene Interpretationen, Assoziationen und Geschichten aus dem eigenen Alltag.

Auf äußerst liebevoll-humoristische Art werden auch immer wieder Anekdoten aufgegriffen, Theorien griechischer Philosophen kurz angerissen und auch das lange Leid in der Oper “Tristan und Isolde” erwähnt, um daraus wiederum abzuleiten, den eigenen Gefühlen Platz einzuräumen. Wobei die allwissenden weißen Männer, wie schon bei “Rot ist doch schön” nicht immer ganz unversehrt davon kommen und ihre Allwissenheit berechtigt etwas angezweifelt wird. 

Text- und Bildebene sind dicht miteinander verwoben und teilweise werden Textteile selbst zu Bildern. Durch das Handschriftliche verstärkt sich das Gesamtbild, dass es sich um persönliche Notizen an die Lesenden handelt. Zamolo selbst schreibt dazu am Ende des Buches: “Das ist kein Ratgeber oder Zaubermittel, aber ein*e Freund*in, der/die dir in einer richtig blöden, aber auch wichtigen Zeit in deinem Leben zur Seite steht und dir sagt: ‘Ja, richtig scheisse grade! Das sollst du fühlen, denken, sagen und ausleben. Und egal ob du es glaubst oder nicht: Es wird wieder ok. Sogar gut. Aber bis dahin bist du nicht einsam, denn ich bin für dich da.’”.

Und genau so fühlt sich dieses an. Ein*e stille*r Begleiter*in, der*die im Bücherregal auf einen wartet, bis man ihn*sie braucht, aber auch zwischendurch immer wieder das Gefühl vermittelt, vor dem großen Elefanten Herzschmerz, der plötzlich auf der Brust sitzt und die Luft zum Atmen nimmt, nicht unendlich große Angst haben zu müssen. 

Notiz am Rande: Aufgrund der hervorragenden grafischen Gestaltung ist es übrigens gut denkbar, das auch als Anlass für den Kunstunterricht in der Schule zu nehmen. Möglicherweise rückt das Thema “Liebeskummer” bei der Auseinandersetzung erst in den Hintergrund, aber es ist gut möglich, dass es für einzelne Schüler*innen gerade genau richtig sein kann (selbiges denke ich auch über “Rot ist schön” – als eine Person die theoretisch Kunst unterrichten dürfte). Dass das Buch großartig gestaltet ist sagt zb auch die Stiftung Buchkunst und hat Zamolos Buch als eines der 25 Schönsten Deutschen Bücher 2021 ausgezeichnet.

Lucia Zamolo: Elefant auf der Brust oder: Warum sich Liebeskummer lohnt, BOHEM), €15,50


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