Diese Rezension erschien zuerst im Missy Magazine 3/20.
Julian ist mit seiner Oma in der UBahn unterwegs. Dort treffen die beiden auf drei in türkisfarbene Fischschwänze gehüllte Personen mit aufregenden Frisuren, die offenbar zur berühmten New Yorker Mermaid Parade unterwegs sind. Julian ist von dem Anblick nachhaltig fasziniert. „Oma, ich bin auch eine Meerjungfrau“, flüstert er auf dem Heimweg.
Zu Hause angekommen nutzt er einen kurzen unbeaufsichtigten Moment und bastelt sich aus Dingen um ihn herum (u. a. einem Vorhang, don’t try this at home, kids!) eine Verkleidung. Als seine Großmutter ins Zimmer zurückkommt, scheint sie irritiert. Ihr Blick ist nicht recht zu deuten, doch auf der nachfolgenden Seite sehen wir, wie sie Julian eine Perlenkette überreicht, die sein formidables Outfit komplettiert. Gemeinsam machen sich die beiden auf den Weg und schließen sich der Parade an.
„Julian ist eine Meerjungfrau“ ist das Bilderbuch, das es dringend gebraucht hat. Ein wunderbares und bemerkenswertes Werk über Individualität und Akzeptanz mit einer Hauptfigur, die fernab von Geschlechterklischees agiert – und agieren darf. Großartig in Szene gesetzt ist auch die liebevolle und unterstützende Oma. Die Geschichte kommt mit wenig Text aus, umso stärker wirkt die Bildsprache der eindrucksvollen Illustrationen. Ein weiteres Detail macht das Buch auf dem weltweiten Kinderbuchmarkt zu etwas Außergewöhnlichem: Ausnahmslos alle abgebildeten Personen sind Schwarz.
Jessica Love „Julian ist eine Meerjungfrau“
Aus dem Englischen von Tatjana Kröll.
Knesebeck, 32 S., 14 Euro. ab 4 Jahren
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