Rosa Riedl Schutzgespenst

Inhaltlich schließe ich mich voll und ganz dem Nachruf auf Christine Nöstlinger von Verena Fabreis in den an.schlägen an. Die Wahrscheinlichkeit, dass viele Menschen, die sich heute gegen Ungerechtigkeiten einsetzen, durch Nöstlingers Bücher sensibilisiert und in weiterer Folge politisiert wurden ist sehr hoch. Mit der österreichischen Autorin zog ein feministischer Kampfgeist in die Kinderbuchregale ein. In manchen Belangen war die Autorin allerdings auch nur eine Tochter ihrer Zeit. Sie sprach sie sich dagegen aus, rassistische Begriffe aus ihren Büchern zu streichen, sondern auf den Kontext hinzuweisen, dass diese, als das Buch geschrieben wurde, nicht als diskriminierend galten  – und so im besten Fall auch Kinder dazu bringen, sich mit der Thematik kritisch auseinanderzusetzen. Das Argument, dass dadurch dennoch in erster Linie Rassismus reproduziert wird und vor allem viele Kinder von der Lektüre ausgeschlossen werden, ließ sie nicht gelten. Deswegen der Hinweis an dieser Stelle: Rosa Riedl Schutzgespenst kommt ohne rassistische Begriffe aus. Eine Content Note gibt es allerdings für Fatshaming, das meiner Meinung nach doch ein wenig zu übertrieben reproduziert wird. Abgesehen von dieser Schwachstelle kann ich das Buch allerdings nur empfehlen.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht die von Ängsten geplagte Nasti, die sich nicht sehnlicher wünscht, als einen Schutzengel. Nasti ist allerdings nicht religiös und da wird es schwierig mit so einem. Unerwartet Hilfe bekommt sie eines Tages von dem couragierten und liebenswerten Gespenst, das in ihrem Haus wohnt, nämlich von Rosa Riedl, dem einzigen Arbeiter_innengespenst Europas.

„Schließlich bin ich ja das einzige Arbeitergespenst in Europa. Alle anderen Gespenster, die wo in Europa umgehen sind doch lauter Adelsgespenster. […] Die sind ja alle kriminell. […] Und da mein ich nicht die Delikte, wegen denen die Gespenster worden sind, und die Sachen die in den Gespensterbüchern aktenkundig worden sind. Da red ich von dem wie die Seinerzeit gelebt haben und wie die zu ihre Arbeiter und Bauern gewesen sind und was die für Kriege angefangen haben und wie sie die Leut von hinten bis vorne beschissen und ausgeplündert haben.

Rosa Riedl ist gestorben, weil sie von einer Straßenbahn überfahren wurde, als sie zur Zeit des Nationalsozialismus einem jüdischen Mitbürger zu Hilfe eilen wollte. „Wenn einer etwas so dringend zu erledigen hat wie ich damals, wenn einer so zornig und wütend ist, dann kann der nicht richtig sterben, weil er keine Ruhe hat.“ So kommt es, dass sie sich auch nach ihrem noch gegen Ungerechtigkeiten wirkt und Akte der Zivilcourage durchführt. Zuerst in Nastis Umfeld, doch als sie bemerkt, dass diese ganz gut ohne sie zurecht kommt, zieht sie weiter, dorthin, wo sie gebraucht wird. Das Buch, das 1979 zum ersten Mal erschienen ist, ist ein zeitloser der Kinderliteratur. Christina Nöstlinger erzählt eine liebenswürdige und humorvolle Mutmachgeschichte mit antifaschistischem Twist, die nach wie vor hochaktuell ist.

Christine Nöstlinger: Rosa Riedl Schutzgespenst
208 Seiten, 13 Euro, ab 8 Jahren
Fischer Sauerländer 2019

One thought on “Rosa Riedl Schutzgespenst

  1. huhu, ich kenne die Bücher von Christine Nöstlinger garnicht. Gibt es eine Möglichkeit herauszufinden in welchen rassistische Begriffe vorkommen (außer alle vorab zu lesen?) eine Liste/übersicht oder so?

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