Prinzessinnen und Mütter: Lesbische Frauen in Kinderbüchern

Nachdem ich bereits sämtliche deutschsprachige Kinderbücher, in denen schwule Männer eine Rolle spielen, zusammen getragen und in einem Post vereint habe, habe ich dasselbe auch für lesbische Frauen versucht. Dabei wurde ich ausschließlich bei kleinen Indie-Verlagen fündig und die Lesben sind entweder Prinzessinnen oder Mütter. Aber lest selbst:

Von Prinzessinnen…

Von der royalen von Prinzessin Pompeline hat Viki bereits ausführlich erzählt. Nicht ein Prinz bringt den Boden unter Pompelines Füssen zu beben und ihr Herz zu klopfen, sondern Hedwig, eine Prinzessin auf einem schwarzen Pferd. Es folgt die berühmte Liebe auf dem ersten Blick, ein Heiratsantrag und böse Worte, die im Palast herumgetratscht werden. Das Ende ist happy: Einzig und allein zählt, dass man sich gegenseitig liebt.

Brigitte Minne, Trui Chielens: Prinzessin Pompeline traut sich (Carl-Auer-Verlag)

Auch „Flora und der Honigkuss“ ist eine Prinzessinnengeschichte. Im Mittelpunkt steht Flora, die im Gegensatz zu den anderen Prinzessinnen, einfach keinen Frosch küssen will. Ihre Eltern beginnen sich Sorgen zu machen und beschließen auf eine große zu gehen, um Flora Frösche aus anderen Ländern vorzustellen. Doch weder der blaue Baumsteigerfrosch aus Brasilien, der senfgelbe Stummelfußfrosch aus Panama und die neuseeländische Riesenunke begeistern Flora.

Auf der Heimreise trifft sie auf einem normalen, grünen, freundlichen Frosch. Die beiden verstehen sich super, doch auch ihn möchte sie nicht küssen. Zwei mal entschuldigt sich Flora deswegen bei ihm, diese Stellen finde ich irritierend, weil sie vermittelen, dass eine Entschuldigung angebracht sei, wenn man jemanden nicht küssen will. Auf jeden Fall: Der Frosch findet sich damit ab, ihm passiert es nicht zum ersten Mal: Er erzählt von seiner guten Freundin Prinzessin Mila, die seine Kussversuche, genau wie Flora abgelehnt hat, weil sie sie nicht vorstellen kann, einen Frosch zu küssen. Flora wird neugierig und möchte Mila kennenlernen. Der Frosch macht ein Treffen klar und auch hier es gibt ein Happy End voller Honigduft und Blumenregen:

Dann sagt Prinzessin Mila: „Ich habe noch nie so eine wunderbare Prinzessin gesehen. Du bist schöner als alle Blumen!“
Und Prinzessin Flora sagt: „Ich war auf einer ganz großen Reise, aber ich glaube, ich bin am Ziel.“

„Flora und der Honigkuss“ ist ein kurzweiliges Märchen, das passend zum romantischen Setting, sehr lieblich illustriert ist. Die aquarellierten und verspielten Zeichnungen treffen hier auf jeden Fall absolut die ästhetische Idealvorstellung des siebenjährigen Kindes.

Barbara Müller, Ann-Kathrin Nikolov: Flora und der Honigkuss (Marta Press)

…und (Co-)Mamas

Maxime will ein Geschwister ist ein kleines Aufklärungsbüchlein im Pixi-Format für Menschen ab 2. Im Mittelpunkt stehen Maxime, Mama Melanie und Mami Louise. Maxime wünscht sich so sehr ein Geschwister, zum Glück wollen die Mamas auch noch ein Baby. Das Buch erklärt kindgerecht und unkompliziert, was es dazu braucht: Samen- und Eizellen und eine gemütlichen Babyhöhle im Bauch, in der das Kind heranwachsen kann. Weil Maximes Mütter beide Eizellen haben, hilft ihnen eine Hebamme weiter und bringt Samenzellen von einem Mann in Melanies Bauch. Auf den Spender wird nicht weiter eingegangen, außer dass Melanie und Louise froh sind, dass es ihn gibt und er ihnen Samen geschenkt hat. 

Auch hier gibt es ein Happy End: Melanie wird schwanger und alle freuen sich, als am Ende das Baby da ist: Maxime, Mama, Mami, ihre Mitbewohnerinnen, ihre und alle Verwandten. Und das Baby selbst, das freut sich auch.

Ein gleichzeitig simples wie wunderbares Büchlein über’s Kinderkriegen außerhalb der heteronormativen Matrix.

Cai Schmitz-Weicht, Ka Schmitz: Maxime will ein Geschwister (Atelier Neundreiviertel)

„Wie heiraten eigentlich Trockennasenaffen” ist das Ergebnis eines erfolgreichen Crowdfundingprojekts und erzählt von Mattis stressigem und gleichzeitig schönem Alltag mit seiner chaotischen Mama und der gechillteren Mutze.

Mattis geht in den Kindergarten und liebt es nachzudenken. Er stellt viele Fragen. Nicht auf alle gibt es Antworten aber auf eine schon:

„Und warum habt ihr geheiratet?“
„Weil wir hoffen, dass wir für immer zusammenbleiben“, sagt Mutze.
„Das wär schön“, ruft Mama.

Eine unaufgeregt aufgeregte (immerhin werden Matti und seine Freundin beinahe im Kindergarten vergessen) Geschichte, wild und lebendig illustriert. Auf der letzten Seite erfährt man’s übrigens: Trockennasenaffe ist die biologische Bezeichnung für bestimmte Primaten. Wir Menschen gehören auch dazu.

Ina Voigt, Jacky Gleich: Wie heiraten eigentlich Trockennasenaffen (Kwasi Verlag)

Und mehr

Weitere Kinderbücher, in denen lesbische Mütter vorkommen sind die beiden Werke, in denen es um vielfältige Familienmodelle geht: „Esst ihr Gras oder Raupen? Ein Buch über Familien, übers Streiten und Zuhören“  und „Du gehörst dazu: Das große Buch der Familien“.

In „Als Toni einmal traurig“ war kommen, ganz nebenbei, auch zwei Mamas vor. Fündig wurde ich auch in dem Roman „Tamatom und die Liebe“ (ab 9),in dem sich die Protagonistin zwar in einen Jungen verliebt, der aber mit zwei Müttern lebt. Auf Englisch gibt es das leicht zu übersetzende Pappbilderbuch „Mommy, Mama and Me“ und auf Englisch bzw. Niederländisch „Prinses Nina“, das ich an anderer Stelle schon einmal erwähnt habe.

Viel Spaß beim Aufstocken des Bücherregals! Für Kinder mit lesbischen Mamas ist es empowernd, Geschichten zu lesen, in denen sie und ihre Lebenswelt vorkommen. Für alle anderen kann die Lektüre dieser Bücher nur bereichernd sein.

6 thoughts on “Prinzessinnen und Mütter: Lesbische Frauen in Kinderbüchern

  1. Hallo Carla

    Vielen Dank für deine Zusammenstellung – und die Gedanken dazu.
    Ich bin weder Mutti noch Kind – bin eine Recherche hier gelandet und entzückt.

    Herzliche Grüße
    Susanne

  2. Wir haben wiedermal Nachschub für die bald 4 Jährige bestellt und haben diesmal auch „Flora und der Honigkuss“ dabei.
    Ich hab es jetzt durchgeschaut und finde es leider so garnicht gelungen. Abgesehen von der sehr flachen Story und den seichten Sätzen „Sie haben viel Spaß zusammen und es ist immer sehr lustig.“
    Was mich aber am meisten stört ist, dass die Eltern von Flora es problematisieren, dass sie keinen Frosch küssen will. Egal, ob die Metapher zu Heterosexualität oder Küssen einfach als Küssen, verstanden wird, beides finde ich aus so vielen Gründen falsch.
    Es wird eigentlich auch nirgends erwähnt, wieso „man“ überhaupt einen Frosch küssen soll (Anspielung auf Froschkönig, der eigentlich als Vorkenntnis erwartet wird).
    Also schade! Entweder dichten wir alles um, oder das Buch kommt neu und unvorgelesen in ne Bücherbox 🙁
    LG Sarah (Regenbogen-Mama)
    PS: Maxime will ein Geschwister ist sehr gelungen!

    1. Wahrscheinlich würde ich es aus heutiger Sicht auch nicht mehr empfehlen. Der Beitrag stammt ja von 2018 und da hab ich mich gefreut, dass ich überhaupt was gefunden hab. Da wär dieser Blog leer geblieben wenn ich dieselben Maßstäbe gehabt hätte wie jetzt!

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