Der Trip

Was ist “exotisch” und was ist “anders”? Und was bedeutet “Heimat”? 

Dieser Frage geht Nozomi Horibe in ihrem 2021 erschienen Comic “Der Trip” (JaJa Verlag) in Form einer Radtour durch Brandenburg auf den Grund. Die Künstlerin ist selber in geboren und kam für das Kunststudium vor einigen Jahren nach Berlin, wo sie an der Kunsthochschule Berlin Weißensee studierte.

Der Comic dokumentiert eine Radtour die sie 2018 für einen Monat durch den Berliner Speckgürtel führte. Die eigentliche Motivation der Reise wird nie genannt und es bleibt den Leser*innen offen, es so auszulegen, ob die Tour alleine der Produktion eines diente. Immer wieder erwähnt die Protagonistin aber, dass sie sich etwas überwinden muss, zur Tour aufzubrechen, mit fremden zu reden, aus sich herauszugehen. 

Ist man mit Berlin etwas vertraut, dann weiß man auch, dass Brandenburg nicht unbedingt dafür bekannt ist, freundlich und offen gegenüber fremden zu sein. Und wenn man so wie Nozomi Horibe “anders aussieht” und als “die Andere” markiert ist, dann kann es nochmals mehr Überwindung kosten.

Mit dem Rad startet sie also in Berlin und nach 30 Minuten die erste Herausforderung: Verfahren und die Notwendigkeit nach dem Weg zu fragen. 

Entlang der Route sind einige Etappen und Begegnungen mit fest geplant – zum größten Teil Japanerinnen, die sich in Brandenburg niedergelassen haben. Aber auch die eine oder andere Zufallsbegegnung ist dabei und Freundschaften die fürs Leben geschlossen werden (oder stellt sich das die Protagonistin vor, dass passieren könnte, wenn sie ganz aus sich herausgehen würde).

Der Comic ist auf vielerlei Weisen empfehlenswert. Einerseits, da südostasiatisch gelesene Personen seit Beginn der gehäuft mit Rassismus konfrontiert sind, in Form von Anfeindungen und verbalen oder physischen Angriffen. Auch wenn die Reise vor Corona stattfand, kann man Aspekte des “Anders gesehen werdens” wiederfinden. Und eine Sensibilisierung für Themen wie (Alltags)Rassismus schadet nie. 

Ein weiterer Aspekt ist das Thema Reisen – 2020 und 2021 sind die Jahre des Spazierens und Radfahrens. Der Comic dokumentiert, dass man nicht immer in die Ferne schweifen muss, um fremde oder neue Ecken kennenzulernen. 

Der Comic sehr schlicht gehalten, es dominieren Lila mit gelben und grünen Akzenten. Immer wieder sind Geschlechterklischees ein Thema, etwa wenn Nozomi darüber nachdenkt, ob ihr der nette Radfahrer aus Freundlichkeit hilft und sie ein Stück den gemeinsamen Weg begleitet, oder ob er Hintergedanken hat und warum sie sich darüber Gedanken machen muss.

Positiv fällt auch auf, dass Fitness als solches nicht der Motivator der Tour ist und die Darstellung der Körperformen sehr realistisch und normfrei ist – mit Haaren unter den Achseln und an den Beinen. 

Der Comic ist nicht als “Kinder/Jugendcomic” erschienen, aber auf jeden Fall bereits für empfehlenswert.

Nozomi Horibe, “Der Trip”, 2021, JaJa Verlag, 16 Euro

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