Königin der Nacht: Ein Kinderbuch über Arbeitslosigkeit

Dass Leonora Leitl keine Scheu und ein großes Talent hat, „schwierige Themen“ in Kinderbüchern zu behandeln, hat sie mit Mama und das schwarze Loch, das von einer burnoutbetroffenen Alleinerzieherin handelt, längst bewiesen. In Leitls neuestem Werk geht es wieder einer Mutter nicht gut. Roberta Tannenbaum aus Königin für eine Nacht hat ihre Arbeit im Biologiezentrum verloren.

© Illustrationen von Leonora Leitl aus „Königin für eine Nacht“, 2019

Familie Tannenbaum ist zwar ganz einerseits eine recht bilderbuchmäßige Familie, aber andererseits auch wieder gar nicht. Roberta war bislang Hauptverdienerin. Der Papa mit dem schönen Nixentattoo am Oberarm liebt seine Arbeit als Kindergärtner, aber sein Gehalt reicht nun mal nicht aus, um den bisherigen Lebensstandard der Familie beizubehalten. So bedeutet die anfangs Sommerurlaub im Garten statt Urlaubsreisen und Büchereibücher statt Kinobesuchen. In weiterer Folge wird die Situation eine manifeste Belastung für Roberta. Sie fühlt sich „wie ein ausgelatschtes Paar Schuhe, dass man in den Altkleidercontainer geworfen hat“. Nach einem Besuch im Arbeitsamt sagt sie sich „Hier komm ich nie wieder her!“.

Auch die Katze ist deprimiert.

Eine Lösung hat eines der drei Kinder parat: „Warum machst du dir nicht selbst eine Arbeit?“ fragt Frida. Die ganze Familie bündelt ihre Kräfte und hilft Roberta dabei, sich mit einer hippen Gärtnerei selbständig zu machen. Das endet mit einem fulminanten Eröffnungsfest. Roberta ist die Königin der Nacht.

Wo bringt die Katze die Torte hin?

„Warum machst du dir nicht selbst eine Arbeit?“ Der Vollständigkeit halber muss festgehalten werden, dass das Thema in diesem aus einer weißen, akademischen und privilegierten Mittelschichtsperspektive beleuchtet wird. Für die allermeisten Menschen ist eine (gewagte) Unternehmensgründung als Weg aus der keine realistische Option. Dies gesagt, ist die Autorin aber mit viel Gefühl, plastischen Texten und ganz großartige Illustrationen sehr nah am Leben der Zielgruppe dran. Sie macht mutlose und verzweifelte sichtbar und das ist gut und wichtig. Sie zeigt auf, dass solche Phasen normal sind und vorkommen können – und dass es Auswege gibt (auch wenn sie im echten Leben vielleicht durchaus komplizierter sind). Mein heimliches Highlight in Königin für eine Nacht ist sowieso auf jeden Fall die reizende Nebenhandlung mit den Tannenbaumschen Haustieren in den Hauptrollen. Sie nehmen an der Situation genau so Anteil und spiegeln sie. Wie witzig, berührend und clever ist das eigentlich?

Leonora Leitl: Königin für eine Nacht
32 Seiten, ab 6 Jahren, 20 Euro
2019

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