Spätestens der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine macht es für Eltern und Kinder notwendig, sich mit Fragen von Krieg und Frieden zu beschäftigen. Was ist Krieg? von Eduard Altarriba thematisiert viele Fragen, die in solchen Gesprächen aufkommen können.
Was ist Krieg? ist eine Mischung aus klassischem Sachbuch, Lexikon und Altas. Denn neben Piktogrammen sind zahlreiche Karten abgebildet. Altarriba zeigt in Was ist Krieg?, wie aus Konflikten Kriegen werden und mit welchem Waffen Kriege in der Vergangenheit und der Gegenwart geführt wurden. Aber mehr noch: vorgestellt werden ökonomische Hintergründe, die Globalisierung und wie Kriegspropaganda funktioniert. Auch ein paar Basisinfos der Internationalen Politik sind dabei: wie und warum entstehen Militärbündnisse, Völkerrecht, wer ist die NATO und was war der Warschauer Pakt. Auch der Krieg in der Ukraine wird thematisiert. Der erste Weltkrieg kommt nur am Rande vor. Die Seite zum Zweiten Weltkrieg erwähnt die Shoah nicht. Der Verweis auf die 60 Millionen Opfer “insbesondere in der Zivilbevölkerung” bräuchte diesen besonderen Kontext allerdings.
Die Illustrationen
Die Illustrationen in Was ist Krieg sind in den Farben Rot und Grüngrau gehalten. Sie sind, wie Krieg eben ist – martialisch, gewaltsam und explizit. Kriegsmaterial wie Panzer und Waffen werden sehr detailliert dargestellt. Das ist zum Teil vermutlich faszinierend, doch die genauere Betrachtung der Illustrationen erzeugt bei mir Unbehagen. Denkt man an die patriarchale, gewaltsame, rassistische Welt, dann stellt sich die Frage: Braucht es mehr Bücher über Krieg? Oder mehr Bücher gegen Krieg? Mehr Bücher um Frieden zu lernen? Führt die schön illustrierte Darstellung von Waffen per se zur Ablehnung von Krieg und Waffengewalt? In einer Welt-Rezension heißt es, dass Buch sei “Ganz sachlich”. Und dann wird mir klar, vielleicht präferiere ich eigentlich nicht ein Buch, das Krieg “sachlich” darstellt.
Ein genauer Blick
Die Sprache im Buch ist relativ komplex. Es setzt viel voraus: die Kenntnis bestimmter Ideologien etwa. Wenn es um konkrete internationale Kriege und Konflikte geht, ist das Buch gleichzeitig oberflächlich und sehr detailliert. Betrachtet man das Kapitel zum Krieg in Syrien gibt es auf der einen Seite Vereinfachungen wie “die Kurden” und gleichzeitig sehr viele Jahreszahlen und Details wie etwa die Militärberater*innen. Während z.B. Jesid*innen als ethnische/religiöse Gruppe beschrieben werden, finden andere religiöse Minderheiten wie Drus*innen keinen Platz. Die Beschreibung, dass Syrien ein Präsidialsystem sei, dass Kritiker*innen für wenig demokratisch halten, wirkt ein wenig unschlüssig und beliebig.
Die Altersangabe
Beim Lesen stellte ich mir die Fragen: “Ab wie vielen Jahren soll dieses Buch sein? Wer ist die Zielgruppe?”. Nicht, weil ich denke, Krieg ist für Kinder nicht zumutbar. Denn die Gesellschaft mutet Kindern Krieg an vielen Orten auf der Welt zu. Tatsächlich ist es ab 8 Jahren empfohlen, eine Einschätzung, die ich nicht teile. Auf Grund der Art der Illustrationen und der teilweisen Tiefe der Informationen sowie der Komplexität der Begriffe würde ich das Buch frühestens ab 12 Jahren empfehlen. Ideal wäre es wohl, einzelne Seiten/Aspekte des Buches als Arbeitsblatt im Oberstufen-Unterricht als Ausgangsbasis für weiteren Input und gemeinsame Reflexion zu sehen.
Was ist Krieg ist bei Beltz &Gelberg erschienen und kostet ca. 15 Euro.
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