Ein feministisches Jugendbuch: Stark! Rebellinnen von heute

In den letzten Jahren ist einiges zum Thema starke und rebellische Frauen erschienen. Der Buchmarkt bietet nach dem Backlash der 1990er Jahre, mit Einschränkungen, eine Menge an Büchern zu unterschiedlichen feministischen Themen, seien es Frauenbiografien, starke Mädchengeschichten, Familienbücher, in denen auch LGBTIQN* Familien vorkommen usw. Es gibt einiges ausgesprochen Emanzipatorisches und Neues, bei anderem wiederum hat eine das Gefühl, dieselbe zum 100.sten Mal präsentiert zu bekommen. (Auch hier wiederum Ambivalenz: Nach einer langen Durststrecke in Bezug auf Feminismus am Buchmarkt ist es ja auch toll, mal eine größere Auswahl zu haben …)

© Illustrationen von Anusch Thielberr aus „Stark. Rebellinnen von heute“, Gabriel 2020

„Stark – Rebellinnen von heute“ ist jedenfalls nicht so eine Wiederholungsgeschichte. Als ich das im Programm gesehen habe, war ich zugegebenermaßen erstmal skeptisch, um dann, als ich das Buch in der Hand hatte, auf echte Begeisterung umzuschwenken. Die jungen Frauen zwischen 12 und 19 sind erstmal total unterschiedlich. Was sie vereint ist ihre Ansicht, dass etwas getan werden muss, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Sie machen sich Gedanken darüber, wie sie selbst – alleine oder mit anderen – dazu beitragen können. Sie erzählen aus ihrem Alltag und ihren Lebensumständen, wie sie aufgewachsen sind, wie sie die Welt sehen, was ihnen Angst oder macht, was sie verändern wollen.

Ein Beispiel ist Zofia, 18, sie bezeichnet sich selbst als „eine von den Durchsichtigen“, weil sie sehr sensibel ist. Sie erzählt, wie es ihr mit 12 sehr schlecht ging, und sie dann begonnen hat Musik zu hören und später auch selbst zu kompinieren und zu singen. Sie will, wie Taylor Swift, anderen Jugendlichen durch ihre Musik Trost spenden können. Sie überlegt, Kinderärztin zu werden, weil Kind auch oft „durchsichtig“ sind.

Eine andere der interviewten jungen Frauen ist Tiara. Sie ist gehörlos und bekam mit zwei Jahren ein Cochlea-Implantat. Sie konnte Hören und Sprechen erst später lernen als andere Kinder. In der Volksschule hatte sie zunächst keine Unterstützung, entsprechend schlecht ging es ihr, bis sie dann auf eine Schule in Berlin kam, die speziell für gehörlose Kinder und Jugendliche ausgerichtet ist. Hier geht es ihr gut, sie lernt schnell und wenn ihr etwas nicht passt, sagt sie es. Ihr ist wichtig, dass Menschen keine haben, sondern andere erst mal kennen lernen.

Zwei der Interviewten nehmen an den Fridays for Future Veranstaltungen teil, eine 17-jährige lebt alleine in Berlin, um auf eine Schule gehen zu können, an der ein respektvoller Umgang zwischen Schüler*innen und Lehrer*innen wichtig genommen wird; Julian Hayley, 12, erzählt von ihrem trans*-Outing in der Schule, ihr ist wichtig, gegen Ungerechtigkeiten aufzutreten.

Kathrin Köller und Anusch Thielbeer haben in diesem Buch, wie sie im Vorwort schreiben, „ganz normale Mädchen zwischen 12 und 20“ porträtiert. Das ist es auch, was das zu etwas Besonderem macht. Die Interviews zeigen das junger Frauen, wie es eben ist, und sie machen Mut, weil sich die Frauen nicht unterkriegen lassen. Ein wirklich gelungenes Buch, bei dem ich zu behaupten wage, dass für jede was dabei ist. Die einfühlsamen farbigen Porträts von Anusch Thielbeer geben die Stimmung der Interviews einmalig wieder und haben mich noch zusätzlich beeindruckt.

Kathrin Köller und Anusch Thielbeer: Stark. Rebellinnen von heute. (Gabriel Verlag)

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