Sadako und die Kraniche

Seit langem wollte ich über eins meiner persönlichen Lieblingsjugendbücher, das in meiner Politisierung eine entscheidende Rolle spielte, schreiben und damit hier die Kategorie “Timeless Classics” eröffnen. Nun gibt es mit “Sadako – Ein Wunsch aus tausend Kranichen” ein weiteres Buch, das sich mit dem Schicksal des japanischen Mädchens Sadako und den Auswirkungen der Atombomben-Abwürfe in Hiroshima und Nagasaki auseinandersetzt. Und daher kommt nun quasi hier die Doppelrezension.

“Sadako will leben” vom Wiener Karl Bruckner erschien 1961, also mitten im Kalten Krieg und muss als eindringliches Plädoyer gegen Krieg, Gewalt und nukleares Wettrüsten verstanden werden. Das Jugendbuch war eins der wenigen Bücher, die wir hatten, daher las ich es immer und immer wieder, das erste Mal vermutlich mit 8 oder 9 Jahren. Mich hat es schwer beeindruckt und einen bleibenden Eindruck hinterlassen, obwohl ich zum damaligen Zeitpunkt wenig über den 2. Weltkrieg, den Nationalsozialismus oder die Rolle Japans dabei wußte. Zum Einen fand ich den Lebenswillen des totkranken Mädchens so bewundernswert und zum Anderen verankerte sich in meinem Kopf das Bewußtsein des “Nie wieder!” – nie wieder Krieg, Faschismus, Militarismus.

Das Buch erzählt die Geschichte von Sadako, die als Kleinkind die Atombombe von Hiroshima überlebt, und ihrer Familie, die sich durch Not und Elend kämpft, um 10 Jahre später die mittlerweile 12jährige Sadako an die Atombombenkrankheit Leukämie zu verlieren. Diverse Erzählstränge vermitteln Sichtweisen der unterschiedlichen Akteur_innen, auch die befehlsausführenden US-Flieger, deren Dilemma und fragwürdige Rolle in der Geschichte kommen vor, was im Jahr 1961 wohl ein absolutes Novum war.

Nach einer japanischen Legende hat diejenige Person einen Wunsch frei, die 1000 Origami-Kraniche faltet und so machte sich Sadako an die Arbeit. Ihr Wunsch nach Heilung konnte nicht erfüllt werden, wie viele Kraniche sie bis zu ihrem faltete, ist historisch umstritten. Dennoch wurde Sadako mit ihrem unzähmbaren Willen zu und ihre Kraniche zum Symbol der internationalen Friedensbewegung und dem Kampf gegen Atomkrieg und -waffen.

Wikipedia schreibt dazu:

“Über Sadako Sasakis Lebensgeschichte sind zahlreiche Bücher erschienen, wodurch ihre Geschichte zum international bekanntesten Fall einer Atombombenschädigung geworden ist. Auch heute noch kennt in Hiroshima jedes Kind ihre Geschichte.”

In meinen Recherchen konnte ich letzteres nicht gänzlich verifizieren, feststeht aber, dass es in Japan, den USA oder Deutschland zahlreiche Sadako Sasaki-Statuen gibt, die an ihren erinnern. Und nach wie vor schicken aus der ganzen Welt Papier-Kraniche nach Hiroshima, die vor Ort in einem Gedenkmuseum ausgestellt werden.

Das 2017 erschienene “Sadako – Ein Wunsch aus tausend Kranichen” hat ebenso Sadakos zum Inhalt, es ist nur deutlich kürzer gehalten und spricht mit der größeren Schrift auch wesentlich jüngere Leser_innen an als Karl Bruckners Werk. Ein Glossar zu den wichtigesten japanischen Begriffen, eine Bastelanleitung für den Papier-Kranich sowie die Adresse des Friedensmuseums in Hiroshima runden das Buch perfekt ab.

Aufgrund meines persönlichen Bezugs zu “Sadako muss leben!” fand ich das jüngste Werk etwas “weichgespült” betreffend Inhalt, Message und der traurigen Tatsache, dass am Ende nur der auf Sadako wartet, aber das ist wohl I-Tüpferl-Reiterei. Beide Bücher sind wichtige Beiträge im Kampf für eine Zukunft ohne Gewalt, Krieg und das Abschlachten von Menschen, für Frieden, Antimilitarismus und weltweite Solidarität.

Karl Bruckner: Sadako will leben! (1961 bzw. Neuauflage 2004 Arena Verlag)
Johanna Hohnhold: Sadako – Ein Wunsch aus tausend Kranichen (2017 Aladin Verlag)

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