Kinder. Lieben. Schnecken. Diese simple Tatsache nutzt das neueste Kinderbuch aus dem Wiener bahoe books-Verlag schamlos aus, denn womit lässt sich besser kindgerecht Sex, Gender, Anti-Rassismus, Solidarität oder gegenseitige Hilfe erkunden und the good old Heteronormativität aufbrechen als mit eben diesen. Mit so einem Konzept kann halt nix mehr schiefgehen, und wenn dann noch der Politikwissenschaftler Thomas Schmidinger als Autor für sein erstes Kinderbuch fungiert, dann ist das wohl eine kleine Besonderheit.
Die Geschichte mit Witz und Scharfsinn sowie liebevolle Zeichnungen von Afnan Al-Jaderi erzählen von einer Nacktschneckenfamilie, die im Garten der Bäuerin Gertrude lebt und für ihr Leben gern aus dem nahen Gemüsebeet nascht. Wie bei Schnecken so üblich, können sich diese jeden Tag aufs Neue aussuchen, ob sie Papa oder Mama sein wollen, und auch die Kids wechseln nach Belieben ihre Geschlechtsidentität. Mal Petra, dann wieder Peter, Claudia oder Claudius, und so weiter, ganz nach Schneckenart. Doch die gefrässigen Schnecken nerven die Bäuerin und diese schafft sich Enten an, eine große Gefahr für alle Nacktschnecken. Als Luca vor einer Ente ums Leben rennt, rettet er_sie sich zu einer Häuschenschnecke ins Gehäuse, und weil Schnecken kuscheliges Schleimen lieben, bleibt Luca noch eine ganze Weile. Wie könnte es anders kommen, die beiden verlieben sich, doch Papamama-Schneck ist total gegen diese Verbindung, denn:
Seit Generationen haben wir Nacktschnecken uns immer nur in Nacktschnecken verliebt! Noch nie hat sich jemand von uns in eine Häuschenschnecke verliebt.
Tradition hin oder her und scheiß auf die Herkunft, die zwei Liebenden gründen ihren eigenen Hausstand und irgendwann beruhigt sich auch Papamama nach einer weiterendenkwürdigen Lebensrettung. Doch mehr wird nun nicht mehr verraten…
Empfehlenswertes Buch ab ca. 5 oder 6 Jahren, ich mag vor allem die zum Teil recht schlüpfig-schleimigen Schilderungen der Schneckenliebe, die stets kindgerecht und kuschelig bleiben. Außerdem ist der Erzählstil kreativ und eher ungewöhnlich. Für Erstleser_innen ist die Schrift fast etwas zu klein, aber sich vorlesen lassen ist ja bekanntlich auch sehr schön.
Thomas Schmidinger & AfnanAl-Jaderi: Schlingelschleim und Schleimdaheim (bahoe books)