Aufwachsen im Burggraben der Festung Europa

Tajala ist ein zehnjähriges Kind. Es wohnt mit ihren vier Geschwistern und ihren Eltern im Burggraben der Festung Europa. Tajala malt gerne Vögel und Bäume. Und Häuser. “Ich male auch manchmal ein Haus für uns”.

„Manchmal male ich ein Haus für uns. Europas vergessene Kinder“ ist ein Bildband mit (auto-)biografischen Erzählungen von geflüchteten Minderjährigen. Die Kinder wohnten im Februar 2021 in den Flüchtlingslagern Moria oder Kara Tepe. Kara Tepe ist jenes Lager, das im Herbst 2020 nach dem Brand in Moria errichtet wurde. Die stammen von Alea Horst. Sie war als Nothelferin tätig und ist eigentlich Hochzeitsfotografin. In der fotografierte sich u.a. Kinderarbeiter*innen in Bangaldesh. Die Vignetten hat Mehrdad Zaeri beigesteuert.

Ein Kind sitzt auf einer provisorischen Schaukel in einem Flüchtlingslager. Hinter dem Kind sind Zelte aus Planen abgebildet.
Das Cover des Buches “Manchmal male ich ein Haus für uns. Europas vergessene Kinder”

Von Alpträumen und Hunger

„Ich habe immer wieder Albträume. Die größte Angst ist dann, dass der Regen in unser Zelt kommt und das Zelt kaputtgeht oder wegfliegt“, erzählt der achtjährige Qutbuddin, der mit seinen vier Geschwistern in einem Zelt in Kara Tepe lebt.  Adonai (12 Jahre) sagt, er war seit zwei Jahren nicht mehr in einer Schule. „Ich habe kein Wissen. […] Ich leide am meisten, wenn ich ohne Essen ins gehe.” Er erinnert sich daran, wie schön es gewesen ist, in seinem Zuhause im Kongo zum zu gehen und sich und Gemüse auszusuchen. Das Essen im Lager ist so minder, dass seine Familie es manchmal nicht isst und hungrig bleibt.

„Wir sind doch Kinder! Warum tut man uns das an?“

Diese Frage stellt etwa Raghad. Und sie hat Recht mit ihrer Frage. „Manchmal male ich ein Haus für uns“ zeigt eindrucksvolle und bedrückende Kinderportraits aus dem Burggraben der Festung Europa. Jede Geschichte berührt, jede Geschichte ist es wert, dass wir uns für ein Ende dieser menschenunwürdigen Asylpolitik einsetzen. Jedes Kind hat Rechte – wir Erwachsenen müssten alles dafür tun, diese einzuhalten. Und Zustände wie in Kara Tepe werden den Kinderrechten keinesfalls gerecht

Eine Doppelseite des Buches mit zahlreichen Kinderportraits. In der Mitte steht ein Zitat von Raghad: "Wir sind doch Kinder! Wir wollen zur Schule. Warum tut man uns das an?"

Kein

“Manchmal male ich ein Haus für uns”:  ist es aber keines. Vielmehr ist es ein Weckruf für Erwachsene. Vielleicht auch ein Spiegel. Es zeigt, die „hässlichen Bilder“ der europäischen Grenzpolitik. Einer Politik, die auch in Österreich gemacht wird. Das Buch zeigt auf, welche Konsequenzen das Vergessen der Elendslager in Lesbos, in Bosnien und in anderen Grenzgebieten der EU hat. “Manchmal male ich ein Haus für uns” sollten wir uns als Erwachsene gut anschauen. Vielleicht ist es auch ein Jugendbuch, das als begleitendes Material im Unterricht der Sekundarstufe II eingesetzt werden kann .Aber vor einem sollten wir uns hüten: Die Verantwortung für die Beendigung dieser unwürdigen Elendslager an unsere Kinder weitergeben.

Manchmal male ich ein Haus für uns” ist im Klett Verlag erschienen. Das Hardcover-Buch kostet ca. 16 Euro und ist jeden Euro wert.

P.S. Wer auf der Suche nach Kinderbüchern zum Thema Flucht ist, wird hier und hier fündig.

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