Als ich 14 war, gab es zwar schon riotgrrrls, aber kein Internet. Daher hatte ich null Ahnung und entdeckte die feministischen Bands, Zines, Debatten und Kontroversen erst Jahre später. Zwischenzeitlich wurden manche riotgrrrls Mütter und deren Kinder sind heutzutage auch schon wieder Teenager oder älter.
Eines dieser Kinder ist Vivian und sie ärgert sich zunehmend über das widerlich sexistische Verhalten bestimmter Schüler, das von allen geduldet und der Direktion gedeckt wird. Lehrer behandeln Mädchen schlecht, nehmen diese nicht ernst oder machen sich über sie lustig. Es gibt Kleiderkontrollen, die ausschließlich Schülerinnen treffen, bloßstellen, beleidigen und irgendwann hat Vivian die Schnauze voll. Inspiriert von den alten Fanzines ihrer riotgrrrl-Mutter gestaltet sie ihre eigenen Flyer und verteilt diese heimlich in der Schule. Viv erfindet Moxie – ein anderes Wort für Courage, eine Mischung aus Wut und Mut, und für alle Mädchen, die sie nichts mehr gefallen lassen. Als ersten Schritt werden die Mädchen dazu aufgefordert, sich Herzen und Sterne auf die Hände zu malen, um so Gleichgesinnte zu finden und dadurch die Isolation unter den Schülerinnen zu brechen. Anfangs zögerlich, doch mit der Zeit gewinnt die Idee an Fahrt und immer mehr machen mit. Diverse andere Aktionen folgen, ebenso ein Happy End, auch wenn klar ist, dass damit noch lange nicht alles gut ist und es weiterhin viel in dieser mädchen- und frauenfeindlichen Welt zu tun gibt.
Ich hätte diese Buch mit 14 geliebt und ich liebe es jetzt, nicht nur wegen der zentralen Rolle des Songs “Rebel Girl” von Bikini Kill, der mich ebenso wie Viv durch alle schwierigen Phasen des Lebens begleitet hat. Ich liebe die geschichtlichen und durchaus kritischen Einstreuungen zur Geschichte der riotgrrrl-Bewegung, deren Protagonistinnen und Erkenntnisse.
Ein erfrischend radikales, bewegendes Buch für alle ab 13 und voller Motivation für feministische Aktionen an der eigenen Schule, um sexistischen Witzen, Demütigungen und Übergriffen ein Ende zu setzen. Die Botschaft des Buches ist klar: Mädchen, tut euch zusammen. Ihr braucht euch nichts gefallen zu lassen, schon gar nicht obszöne Bemerkungen, Kommentare über euren Körper oder sexistische Beleidungen. Ihr haben das Recht euch zu wehren, egal, um was es geht, und euer Widerstand gegen herrschende Verhältnisse wird umso heftiger, wenn ihr Verbündete findet und gemeinsam kämpft.
Für ein selbstgemachtes Zine brauchte man damals und heute nicht viel mehr als ein paar Stifte, Papier und eigene Ideen und Gedanken im Kopf, einen Copy-Shop zum Vervielfältigen, fertig. In vernetzten Zeiten von Internet, Blogs, insta und Co reichen wenige Klicks, um Gleichgesinnte, feministische Ideen und Hashtags zu suchen und zu finden.
Was mir in vielen Jugendbüchern und auch speziell in diesen fehlt, ist die totale Ausklammerung von sexuellen Handlungen jeder Art, obwohl sie so gut passen würden. Selbstbefriedigung, Begehren, das erste Mal udgl kommen, wenn dann, nur am Rand in Andeutungen vor, nicht aber in expliziten Beschreibungen wie in meinen Lieblingsbüchern von früher, aus denen ich viel Wissen über Sex bezog. Mir scheint, es fehlt ein bisschen der Mut zu klaren Worten oder die Angst dominiert, nicht mehr als jugendfrei zu gelten, was in Zeiten von Smartphone-Porn irgendwie absurd ist. Schade, speziell auch für diesen Roman.
Trotz dieses kleinen Minuspunkt ein großartiges Buch über revolution grrrl style now, die Kraft von Freundinnenschaft, die Wichtigkeit von Verbündeten und die Erfahrung, dass gemeinsam was weitergebracht werden kann. Unbedingt lesen! <3
Jennifer Mathieu: Moxie – Zeit zurückzuschlagen (Arctis Verlag)
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