Ist es fies, fiese Gedanken zu haben? Wie kann man die Grenzen anderer respektieren? Wie nimmt man sein eigenes Leben in die Hand? Was ist der Unterschied zwischen einer schwierigen Phase und einem Psychischen leiden?
An der Oberfläche wird hier definitiv nicht gekratzt. Die Autorinnen von „Immer mehr ganz du“ gehen bei krassen Themen rund um Selbstfindung, Körper und Body-Image, Sex, Beziehungen, Psyche und Weltgeschehen tabulos in die Tiefe und schreibend darüber maximal fundiert, offen, auf Augenhöhe und ohne Druck auszuüben. Aber gut, die Norwegerinnen kennen sich mit den komplizierten Themen, über die sie schreiben aus. Astrid Nylander Almaas ist Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und Kirsten Holtmon Resaland Psychologin. Beide haben viel Erfahrung mit und Verständnis für Heranwachsende, wissen, was sie beschäftigt und was ihnen bei einer Auseinandersetzung damit helfen kann. Ratschläge gibt es nur, wo es angebracht ist und dass nicht alle Methoden für alle Menschen für funktionieren wird gleich zu Beginn klar gestellt.
Aufgelockert und unterstützt wird der Text von kleinen Comics von Kristine Sand, in denen mögliche Situationen aus der Lebenswelt von Jugendlichen punktgenau abgebildet werden.
Wider erwarten wirkt der der Wälzer ob seines massiven Umfangs nicht abschreckend. Mein 11jähriges Kind, noch nicht ganz Zielgruppe, hat befunden, es ist sicher kein Buch, dass man in einem Rutsch durchliest, sondern eines, dem man immer wieder Mal rumblättert und sich mitnimmt was man braucht. Dem schließe ich mich an: Ein tolles und zeitgemäßes Handbuch, das Orientierung bietet und ermutigt über sich selbst, und die Welt in der man lebt, nachzudenken. Definitiv auch für Bezugspersonen eine Lektüre wert!
Und weils zwar in letzter Zeit immer öfter vorkommt, ich mich jedes Mal aber besonders freue: Im Buch wird durchgängig das Gendersternchen verwendet, was den inklusiven Zugang der Macherinnen noch einmal deutlich unterstreicht.