Mit dem Wiener Achse Verlag Körper-Bücher zu assoziieren liegt auf der Hand (im Blog sind viele rezensiert). Neu im Programm: „Alle machen Sport“. Geschrieben von Liese Macher und Vale Weber, illustriert von Anna Horak.
Allen Achse Bücher eint der wertfreie Zugang zum Körper. Während sich viele der Bücher bisher vor allem rund um Geschlecht, Schwangerschaft, körperliche Veränderung und die Pubertät drehten, greift „Alle machen Sport“ den Themenkomplex Bewegung auf.
Protagonistin des Buches ist Carla. Carla liebt Bücher, das wöchentliche Muffinbacken und ihre Schildkröte und ihre Freund*innen. Nur den Sport mag sie nicht so gerne, obwohl der Rest ihrer Familie dafür sehr viel Begeisterung aufbringt. Mama und Edu, Carlas Bruder, schauen gerne gemeinsam Fußball und Papa testet sich durch die Trendsportarten (aktuell Yoga). Im Buch wird nicht darauf eigegangen, ob Carla ein „Sportmuffel“ ist. Ihre mangelnde Begeisterung ist kein Problem. Möglicherweise interessiert sie sich auch einfach nur nicht besonders dafür. Auch ihr Körper wird nicht kommentiert.
Dabei überzeugt auch die Bildebene. Anna Horak hat in den analog gefertigten Illustrationen jede Menge Details versteckt. Die Charaktere überzeugen alle durch ihre Vielfältigkeit und den Verzicht auf Klischees.
Sport, Bewegung und Emotionen
Die Geschichte des Buches spannt sich um eine Sport-Themenwoche an der Schule, die in einem Sportfest mündet. Neben der Klassenlehrerin Frau Fuchs ist Sportexperte Cem im Unterricht. Zunächst wird mit den Schüler*innen besprochen, was sie mit Sport bzw. Sportunterricht assoziieren. Neben den Wortmeldungen sind die Gesichter einzelner Schüler*innen abgebildet. So wird auf Bild- und Textebene eine Spannweite an Emotionen abgebildet (Spaß, Angst als Letzte*r gewählt zu werden, sich in der gemeinsamen Umkleide unwohl fühlen, Neugierde, …).
Über diese Zusammenfassung des Ist-Zustandes findet im Folgenden die Besprechung von Regeln statt. Anstatt spezifisch auf Regeln im Sport einzugehen, werden Regeln besprochen, die es ermöglichen Spaß an der Bewegung und Sport zu haben. Ausreichend Raum finden dabei auch Emotionen. Freude über das Gewinnen, aber auch Wut und Enttäuschung über das Verlieren und wie diese selbst reguliert werden können („Ich fühle mich immer supertraurig, wenn ich verliere, aber es hilft mir, wenn ich einen Moment für mich alleine sein kann …“). Und auch die Erwähnung eigener Grenzen/Consent („… Klar, beim Sport gibt es Körperkontakt. Aber am Ende entscheide ich, wo ich berührt werden möchte.“), sowie das Bedürfnis nach Pausen als gemeinsame Regel.
Abgerundet wird er inklusive Zugang zum Thema Sport mit dem Vorstellen von Vorbildern aus dem Sport – Sportler*innen aus den Paralympics, queere Sportler*innen, Pionier*innen (Kathrine Switzer, die als erste Frau einen Marathon lief, als es noch verboten war).
Und dann?
Auf der Sportfest-Wimmelbildseite kann im Anschluss nochmals nach all den Kindern, Sportarten und Regeln gesucht werden, die erwähnt wurden. Am Ende des Buches, haben alle Kinder aus Carlas Freund*innengruppe/Crew einen passenden Sport gefunden, der ihnen Spaß macht.
Den (Vor)Leser*innen werden auf der letzten Seite Sportarten von A bis Z genannt, die man probieren kann. Manche davon sind Fantasiesportarten, weniger bekannt und andere sicher Sportarten, die nicht für alle möglich sind, aber auf jeden Fall Anlass geben weiter über Sport und Bewegung zu sprechen.
Die Kinder in Carlas Klasse entsprechen mit ihren Namen der Zusammensetzung vieler Schulen. Und auch wenn Gender und Geschlecht kein explizites Thema des Buches sind, entdeckt man bei genauerem Hinsehen neben dem konsequenten Gendern auch den Charakter Mo, für den keine Pronomen verwendet werden.
Persönlicher Eindruck
Ich hatte vor dem Druck Gelegenheit in eine Zwischenversion des Buches zu sehen und es war spannend zu sehen, wie das Buch entstand. Wie Illustrationen entwickelt wurden, sie teilweise noch mit kleinen Details ergänzt wurden und auch wie Sätze verfeinert wurden.
Kurz gesagt eine Buchempfehlung von mir, einem Sportmuffel, dem sicher bereits als Kind tausend Mal gesagt wurde „Dann geh doch halt einfach eine Runde spazieren.“. Mit Mitte 20 hatte ich die erste Sportart entdeckte, die Spaß machte (Rudern – aber auch nur weil es über die Uni günstig angeboten wurde).