Bereits im August 2021 erschienen ist die deutsche Übersetzung dieser Perle der schwedischen Kinderliteratur. Am Stapel der noch zu rezensierenden Werke ist das ganz in erdfarben gehaltene Buch fast untergegangen, doch seitdem ich es vor einigen Tagen hervorgezaubert hab, ist es bei uns zuhause heißbegehrt. Für alle ab 4 Jahren.
Hinter der Turnhalle ist eine Grube und die hat es in sich: Eigentlich nur zufällig da, ohne Sinn und Zweck, doch gerade das lockt die Kinder. Hier kann man nämlich alles spielen: Bärenfamilie, Verstecken, Hindernislauf oder einfach Graben und Bauen. Doch die Erwachsenen wittern Gefahr hinter jedem Stein, und so ganz gönnen sie den Kindern diesen Freiraum nicht. Irgendwann gibt es dann nach einem Unfall, der überhaupt nichts mit der Grube zu tun hatte, ein Verbot eben diese zu betreten. Die Kinder sind frustriert bis sie eine neue Spielumgebung entdecken: Den Grubenrand, der ebenfalls ganz spannend ist. Doch auch damit sind die Erwachsenen nicht zufrieden. Am liebsten hätten sie gern alle Kids brav am Spielplatz, dem Platz, der grundsätzlich Kindern (doch eher fremdbestimmt) zugewiesen wird. Und dann, eines Tages, verschwindet die Grube ganz…
So gut, so witzig, so lebensnah ist die Storyline, und mein 6jähriges Kind sagt dazu: “Ich finde es gemein, dass die Erwachsenen sich so arg in die Spiele der Kinder einmischen. Es ist ok vor Gefahren zu warnen, aber so Verbote sind blöd.” Damit hat sie sehr recht: Kinder brauchen unbespielte Freiräume. Also konkret Orte, die weder (per se) kindgerecht noch TÜV-geprüft sind. Orte voller Abenteuer, die Lust aufs Entdecken machen und an denen dank angeregter Phantasie jeder Ast zum Spielzeug werden kann. Egal ob Wald, Feld, Grube, eine matschige Wiese oder ein Erdhaufen.
Sicher: Die Beaufsichtigung am Spielplatz ist vielleicht einfacher für uns Erwachsene, doch aufregender zum Entdecken sind andere Umgebungen, denen ein Hauch von Gefahr umweht, wo man sich schmutzig machen kann und die ein bisschen als “lost places” fungieren. Wir finden sie in der Natur, aber auch im Großstadtdschungel oder Vorstadtsiedlungen. Leider werden die berühmten “Gstättn”, wie wir in Wien dazu sagen, dank Betonpolitik und Gentrifizierung, immer weniger, doch die Stadt gehört nun mal allen, und es wär jammerschad um die Freiräume (nicht nur für die Kinder).
Emma AdBåge, Friederike Buchinger: Unsere Grube (2021), Beltz & Gelberg