It isn`t rude to be nude. Oder: Es ist doch schön nackt zu sein, denn jeder Körper ist ein Wunder!
Beides sind Titel ein und desselben Buches. Einmal frech, spielerisch und direkt, und einmal etwas vorsichtiger.
Was man anhand des Buches super feststellen kann, ist, wie sich unabhängig voneinander ähnliche Buchideen zur gleichen Zeit entwickeln – möglicherweise durch eine gewisse Notwendigkeit(?) und Lücke am Buchmarkt.
Das englische Original erschien 2020 im Auftrag der Trust Tate. Ungefähr zur gleichen Zeit erschien “Wie siehst du denn aus? Warum es normal nicht gibt.” von Sonja Eismann und Amelie Persson bei Beltz&Gelberg.
Nun könnte man hergehen und vergleichen, welches der beiden Bücher das “Bessere” ist oder welches mehr “richtig” macht. Doch so vielfältig Leser*innen sind, die sich in Büchern wiederfinden sollen, so vielfältig (quantitativ und qualitativ) sollte idealerweise auch das Bücherregal sein, aus dem Bücher gewählt werden können.
Illustratorin und Autorin Rosie Haine arbeitet mit knappen Sätzen, viel Leerraum und Aquarellen. Den Leser*innen und Betrachter*innen der Seiten bleibt somit viel Platz für eigene Assoziationen und Vergleiche. Auffällig ist, dass die Hauttöne allesamt leicht blau- bzw. gelbstichig sind. Ob es gefällt oder nicht, ist Geschmacksache – allenfalls greift es eine “Uneindeutigkeit” auf, als mögliche Strategie Identifikationspotenziale zu bieten.
Ebenfalls positiv hervorzuheben ist, dass Penis und Vulva zwar als solche benannt werden, es aber keine Zuschreibung zu einem Geschlecht/Gender gibt. Auf beiden Doppelseiten sind dazu nur vier bzw. drei Personen zu sehen.
Ebenso sind sichtbare Behinderungen und Mobilitätshilfen als Teil des Körpers abgebildet. Aber auch der Verzicht auf Prothesen findet Platz. Somit wird mit der Norm “ein Körper ist zwei Arme, zwei Beine, etc” gebrochen.
Rosie Haine – Es ist doch schön, NACKT zu sein, denn jeder Körper ist ein Wunder. (2023, Bohem). – 18,50 € (A)