“Die kleine Rette-sich-wer-kann”

RettesichwerkannNoch mal Philippe Corentin. Diesmal mit einer witzigen Rotkäppchen-Adaptation, die beginnt mit dem Satz: “Es war einmal ein kleines Mädchen, das war das frechste auf der ganzen Welt.” Diese Rette-sich-wer-kann reitet auf Hausschweinen, spielt allen Streiche, gibt niemals Ruhe, “piff, paff, puff!”, kurzum: “Sie war eine richtige Landplage!”

Völlig entnervt schickt ihre Mutter sie irgenwann, genau: In den Wald, zur Großmutter. “Und hui, schon ist sie unterwegs. Rette sich, wer kann!”

Tja, bei der Großmutter liegt aber, ihr ahnt es vielleicht, nicht ebendiese im Bett, sondern ein Wolf. Dass die kleine Rette-sich-wer-kann nicht, wie im klassischen Märchen, gefressen wird, sondern die eine völlig andere Wendung nimmt, dass der nicht die Ausgeburt des Bösen, sondern ein armer Tropf ist, und dass die Großmutter am Ende mit einem Machtspruch für Ordnung sorgt und den verängstigten Wolf beruhigt, lest ihr am besten selbst.

Die Erzählung von der kleinen Rette-sich-wer-kann ist eine schnelle, überraschende, witzige Geschichte, mit der man sicherlich auf der ersten Textebene auch schon recht kleine Kinder von ca. 3 Jahren begeistern kann; um aber die vielen Meta-Verweise und damit auch die Hintergründigkeiten der wirklich zu verstehen, ist jedoch eine gute Kenntnis des Originalmärchens und die Fähigkeit zu Abstraktion sowie für das Erkennen von Überzeichnung erforderlich. In voller Tiefe daher wohl besser verständlich so ab ca. 5 Jahren und ein Spaß mindestens bis 99.

Bechdel-Test: Ich würde sagen, das Buch besteht, aber die Figuren reden nicht viel MITeinander. Die menschlichen Protagonisten sind jedoch – ohne die moralisierende Märchenhaltung des Originals – allesamt weiblich (Mädchen, Mutter, Oma). Und mindestens Rette-sich-wer-kann entspricht definitiv nicht dem gängigen Klischee vom lieben, zarten, artigen, herausgeputzten Prinzessinnenmädchen…

Original: Philippe Corentin. Mademoiselle Sauve-qui-peut. Paris, école des loisirs: 1996.

Deutsch (Übersetzung von Susanne und Bernhard Koppe): Philippe Corentin. Die kleine Rette-sich-wer-kann. Weinheim, Beltz & Gelberg Verlag: 2005.

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