6 schwule Kinderbücher

Für diesen Beitrag habe ich sämtliche deutschsprachige Kinderbücher zusammengetragen, in denen männliche Homosexuelle eine Rolle spielen. Egal ob als Papa, Onkel oder als adeliges Staatsoberhaupt. Die Bücher sind ziemlich vielfältig und reichen vom simplen Bilderbuch über ein vollbeladenes Sachbuch bis hin zum abstrakten künstlerischen Werk. Nicht alle dieser Bücher empfehle ich unbedingt, aber so ein Überblick ist ja auch mal praktisch, nicht?

König und König

Die Geschichte geht ungefähr so: Eine amtsmüde Königin hat keine Lust mehr aufs Regieren und will dringend, dass ihr Sohn eine Prinzessin heiratet. Sie will endlich abdanken und stellt ihm allerhand Frauen vor, aber keine von ihnen findet er gut. In den Bruder von Prinzessin Liebegunde, Prinz Herrlich, verliebt er sich jedoch auf den ersten Blick. Die beiden und die Königin hat endlich Zeit zum Nichtstun. Das wars auch schon. Manche Männer lieben Frauen, manche lieben Männer, so what! Aufgrund der wenig komplexen Geschichte und dem wenigem Text kommt es auch bei jüngeren schon gut an.

Das Buch ist 2000 zum ersten Mal erschienen und quasi ein Klassiker was Kinderbücher, die gleichgeschlechtliebe Liebe thematisieren, betrifft.

Linda de Haan,‎ Stern Nijland:‎ König & König (Gerstenberg) ab 4 Jahren

Ein ganz ähnliches Werk gibt es übrigens in lesbischer Ausführung: Prinses Nina erschien 2013 in den Niederlanden und 2015 auf Englisch. Eine deutsche Übersetzung der Liebesgeschichte wäre wünschenswert.

Zwei Papas für Tango

Das besondere an „Zwei Papas für Tango“ ist zum einen, dass es in der Geschichte um schwule Pinguine geht und zum anderen, dass sie auf einer wahren Begebenheit basiert. Die beiden Pinguinmännchen Roy und Silo leben im New Yorker Zoo und sind seit ihrer Kindheit „gut befreundet“. Den Tierpflegern ist es ein Dorn im Auge, dass sich die beiden nicht für weibliche Pinguine interessieren und versuchen sie räumlich zu trennen. Auf diese Idee reagieren sie mit Kummer. Sie werden wieder zusammengeführt, beginnen ein Nest zu bauen und einen Stein auszubrüten. Das bringt einen Pfleger auf eine Idee: Eine Pinguinweibchen hat zur selben Zeit ein Ei alleine gelassen. Dieses nehmen sie und tauschen es gegen den Stein aus. Als ein tatsächlich ein Pinguinküken daraus schlüpft, tanzen Silo und Roy vor Freude Tango. So kam der kleine Pinguin zu seinem Namen.

Schwule Pinguine sind übrigens gar nicht so selten. Und die Pinguine sind auch das Highlight des Buchs. Niedliche, schwarz-weiß gefiederte Tiere gehen einfach immer.

Edith Schreiber-Wicke,‎ Carola Holland: Zwei Papas für Tango (Thienemann) ab 4 Jahren

Luzie Libero und der süße Onkel

Luzie Libero heisst eigentlich nur Luzie. Den Namenszusatz hat sie von ihrem Onkel Tommy bekommen, weil sie so eine gute Fußballerin ist. Er hingegen kann wenig mit Fußball anfangen. Dafür unternimmt er allerhand coole Sachen mit ihr: Durch die Gegend hüpfen, in die Oper gehen oder einfach mal nur im Cafe sitzen und Leute beobachten.

Eines Tages wird die Idylle aus Luzies Sicht ziemlich gestört: Günter aus Waldwimmersbach mit der langweiligen Frisur und der hässlichen Hose weicht nicht mehr von Tommis Seite. Luzie ist genervt, enttäuscht und traurig, dass sie Tommi nicht mehr für sich alleine hat.

Eine wirklich liebe Geschichte mit einer sympathischen, charakterstarken und authentischen weiblichen Hauptfigur. Im Vordergrund steht Luzies Eifersucht und wie sie mit ihren Gefühlen umgeht und nicht die Tatsache, dass ihr Onkel einen Freund und keine Freundin hat. Zum Glück geht alles gut aus: Es stellt sich heraus, dass Günter ganz gut Fußballspielen kann und so findet er einen Zugang zu Luzie. Das Buch ist schon fast ein Klassiker (erschienen vor 10 Jahren) und empfehlenswert ab 4 Jahren.

Pija Lindenbaum: Luzie Libero und der süße Onkel (Beltz & Gelberg)

Keine Angst in Andersrum

Ein Kinderbuch von Olivia Jones. Ja, von DER Olivia Jones! Die berühmte Dragqueen ist der Meinung, dass Aufklärung (auch über sexuelle Vielfalt) viel zu spät stattfindet. Dass das Wort „schwul“ bereits in Kindergärten und Grundschulen als Schimpfwort die Runde macht, hat sie nachhaltig geschockt. Deswegen ist dieses Werk entstanden. In dem geht es um das Schulkind Luis, seine kleine Schwester und Tante Maria, die auf die beiden aufpasst.

Um den Kindern eine andere Lebensrealität als ihre näher zu bringen, erfindet Tante Maria das Land „Andersrum“. Dort ist alles umgekehrt: Frauen arbeiten bei der Feuerwehr, Männer schminken sich, Frauen lieben Frauen und Männer lieben Männer. Bis sich eines Tages der Kindergärtner Inge in die Bauarbeiterin Gerd verliebt, nachdem die ihm hinterherpfeift. (Uff…) Olivia Jones hat versucht, so viel wie möglich in das Buch zu packen: Homofeindliche Beschimpfungen, Geschlechterstereotype, Unisex-Namen, Homosexualität im Tierreich…  Die Geschichte leidet an der Ansammlung der vielen verschiedenen Themen und das Spiel mit der Umkehrung als Stilmittel geht in diesem Fall nicht wirklich auf. Leider sind auch die Zeichnungen eher grässlich.

Olivia Jones: Keine Angst in Andersrum (Schwarzkopf)

Das Zebra unterm Bett

Eines Tages wacht Hanna durch ein seltsames Geräusch auf und entdeckt ein Zebra in der Höhle unter ihrem Bett. Es hört auf den komischen Namen Bräuninger und unterhält sich total freundlich mit ihr:

„Schläfst du immer bei offenem Fenster?“
„Meine Papas sagen, nur bei frischer Luft kann man gut schlafen.“
„Deine Papas?“
„Ich hab zwei davon.“
„Was für’n Glück.“
„Ja. find ich auch.“

Hanna ist froh, so einen netten Freund gefunden zu haben, schließlich ist sie ganz neu in der Gegend. Das Zebra kommt ganz selbstverständlich mit ihr in die Schule und will ein neuer Mitschüler werden. Die Lehrerin weiß nicht recht, wie sie damit umgehen soll und holt den Direktor zu Hilfe. Der unsympathische Kerl will mit aller Macht verhindern, dass Bräuninger am Unterricht teilnimmt. Zebras in der Schule sind nunmal einfach nicht normal, auch wenn sie super schreiben, rechnen und Purzelbäume schlagen können. Bräuninger wird in eine Falle gelockt und in den Zoo gesteckt, doch Hanna heckt mit den anderen Kindern einen Befreiungsplan aus.

Dass Hanna von ihren zwei Papas adoptiert wurde, ist nur ein Nebenschauplatz.  So bleibt viel Raum für den Rest: „Das Zebra unterm Bett“ ist eine wirklich lustige,  skurille und tröstliche Freund_innenschaftsgeschichte für alle, die schon lesen können.

Markus Orths, Kerstin Meyer: Das Zebra unterm Bett (Moritz)

Papa ist doch kein Außerirdischer

Im Zusammenhang mit seinem Vater schnapp Theo allerhand homofeindliche Beschimpfungen auf. Er deutet sie jedoch nicht als solche, sondern nimmt die Begriffe wörtlich. Theo wundert sich: Sein Papa arbeitet weder im „Hoch- und Tiefbau“, noch ist er „Tempelritter“. Er hat auch keine „zwei linken Hände“. Und was heisst, er sei „der griechischen Liebe verfallen“, er spricht doch gar nicht griechisch? Ich finde die Idee, dass all diese abwertenden Fremdbezeichnungen aus Theos Sicht illustriert und somit ad absurdum geführt wurden, spannend. Die meisten davon kannte ich jedoch nicht, entweder sind sie veraltet oder stammen aus dem französischen (wie die Autorin).

Die künstlerische Gestaltung des Buchs ist (zumindest und vor allem aus Erwachsenensicht) absolut ansprechend. Ich bin jedoch nicht sicher, welche Kinder Zielgruppe für dieses abstrakte und tiefsinnige Werk sind. Empfohlen ist es ab 8 Jahren, aber die 8-jährigen, die ich kenne, könnten wenig damit anfangen.

Anna Boulanger: Papa ist doch kein Außerirdischer (Kunstanst!fter)

Ich mag von den vorgestellten Büchern die, in denen es vordergründig um die Lebenswelt und Gefühle von Kindern geht und in denen Schwule Nebencharaktere sind, am liebsten. Die Königs- und Pinguingeschichten sind für jüngere Kinder geeignet.„Keine Angst in Andersrum“ hätte das Potential zu einem umfangreichen Sachbuch und steckt voller Sachinformationen, die Aufmachung funktioniert aber einfach nicht so.

Übrigens: Den Bechdeltest kann man sinnvoll auf drei Werke anwenden: „Das Zebra unterm Bett“, „Luzie Libero und der süße Onkel“ und „Keine Angst in andersrum“. In den ersten beiden kommt jeweils eine weibliche Person mit Namen vor, das letztgenannte erreicht immerhin 3/4. Die meisten abgebildeten Personen sind Weiß, abgesehen von einer Prinzessin, die der Prinz von „König und König“ nicht möchte, ein paar Kindern im Zoo bei den Pinguinen und ein Kind im Andersrummer Kindergarten.

Zumindest ein paar wenige deutschsprachige schwule Kinderbücher zu finden war gar nicht so schwer. Anders sieht es hingegen bei Büchern mit lesbischen Haupt- oder Nebencharakteren aus. Außer Maxime will ein Geschwisterchen (Besprechung folgt) wurde ich nicht recht fündig. Habt ihr Tipps?

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