Wenn was passiert

Wolfgang wird von der auf die Jugendpsychiatrie gebracht. Er ist verwirrt und mit ihm die Leser_innen. Lange ist unklar, was eigentlich los ist und dadurch entsteht ein Spannungsbogen, der bis zum Ende aufrecht bleibt und mich das Buch in Einem durch ließ. Teilweise atemlos und schockierend, vor allem aber auf den Punkt beschrieben, was in vorgeht, die sich in akuten psychischen Ausnahmezuständen befinden. Traumatisiert, mit Gedächnislücken, körperlichen Symptomen und Schmerzen nähert uns das Buch Stück für Stück Wolfgangs Welt an. Einer Welt voller Gewalt, Angst, Demütigungen, religiösem Wahn und einem tyrannischem Vater, der die ganze unterdrückt und terrorisiert.

Selten habe ich in einem Buch, und dann auch noch in einem Jugendbuch – Jungbrunnen empfielt es ab 13 Jahren, ich halte das für sehr früh – so realistische Beschreibungen von seelischen gelesen. Diese haben mich wahnsinnig beeindruckt, wenn ich auch finde, dass die Schilderungen von Wolfgangs anfänglichem Zustand in den ersten Tagen auf der Psychiatrie heftig triggern können. Ich empfehle daher für alle – egal welchen Alters – eine Begleitung zum oder nach dem Lesen. Denn Fragen bleiben zweifelsfrei offen und es tut der_dem Leser_in vielleicht gut nach der Lektüre eine Vertrauensperson zum Reden zu haben.

Die Psychiatrie, in der Wolfgang landet, ist in diesem Fall eine nette. Unterstützend und mit vielen Möglichkeiten für die Betroffenen. Speziell im Gespräch mit einem Therapeuten findet Wolfgang zu seiner Sprache zurück und öffnet sich diesem Stück für Stück. Dass das nicht immer der Fall ist und Psychiatrien oft für Zwang und institutionelle Gewalt stehen, sollte man jedenfalls im Hinterkopf behalten.

Das Buch endet positiv. Für viele Kinder und Jugendliche, die täglich Gewalt in der erleben müssen, trifft das nicht zu. Alle haben ein Recht auf ein Leben ohne Gewalt – hol dir Hilfe, wenn du in einer Situation bist, die für dich unerträglich ist.

Michèle Minelli: Passiert es heute? Passiert es jetzt? (Jungbrunnen)

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