Ebbe & Blut

Luisa Stömer und Eva Wünsch lernten sich im Grafikstudium kennen und realisierten, dass sie eigentlich, vor allem dafür, dass sie jeden Monat damit zu tun haben, ziemlich wenig über den Menstruationszyklus und alles rundherum wissen. Damit sind sie nicht alleine. Die Erdbeerwoche hat herausgefunden: 17 Prozent der Mädchen und 34 Prozent der Jungen wissen nicht, was der Begriff Menstruation überhaupt bedeutet. 60 Prozent der Mädchen haben eine negative Einstellung zu ihrer Menstruation, und 70 Prozent der Jungen fanden das Thema unwichtig und peinlich. 53 Prozent der Buben glauben außerdem, die Menstruation dient der Verhütung. Jedenfalls: Um das Thema aus dem Tabuzone zu holen, beschlossen die beiden Grafikerinnen, sich in ihrer Abschlussarbeit dem zu widmen, heraus kam letzten Endes das Sachbuch rund „um die Gezeiten des weiblichen Zyklus“:  Ebbe & Blut.

In den einzelnen Kapitel widmen sie sich die beiden einerseits dem Zyklus selbst, dem PMS, den verschiedenen Menstrutionsprodukten, die es so auf dem Markt gibt, aber auch der Free Bleeding-Methode. Weiters geht es um verwandten Themen wie Vaginalbeschwerden, Verhütungsmethoden und dem (eigentlich noch viel viel größeren Tabuthema) Schwangerschaftsabbruch. Am Ende gibt es noch Kuriositäten rund um die Regel zu lesen. Wusstest du zum Beispiel dass Austronautinnen im Weltall bluten wie immer und nicht, wie man vermuten könnte (Schwerkraft und so…)  nach oben? Oder dass es in den USA seit neuestem schmerzlindernde Marihuanazäpfchen gegen Regelkrämpfe gibt?

Das ist deutlich informativer als jedes Schulbuch, der Schreibstil aber nicht wirklich weniger trocken. Aufgelockert wird der Text zumindest durch gesetzte Zitate von Menschen aus dem Umfeld der Autorinnen. Richtig gelungen finde ich die grafische, optische und haptische Aufmachung, man merkt aus welcher Ecke die beiden kommen: Vintage-Fotos wurden mit minimalistischen Illustrationen zu ansprechenden Collagen kombiniert.

Inhaltlich finde ich schade, dass alles aus einer Cis- und Heteronormativen Perspektive geschrieben wurde. So werden zum Beispiel Menschen die menstruieren (zum Beispiel trans oder Non-Binaries), aber sich nicht als Frauen identifizieren, komplett ausgeschlossen. Bei den Verhütungsmethoden steht die Verhinderung einer Schwangerschaft im Vordergrund, sexuell übertragbare Krankheiten sind eigentlich kein großes Thema (Wusstest du, was Dental Dams sind? Hier ein super super lesenwerter Artikel aus dem Brause Mag.).

Das über die „die Schönheit des Mittelschmerzes, die Ästhetik vollgebluteter Unterhosen und die Raffinesse der Eisprungphase“ ist, was das Tabuthema Menstruationen betrifft, eine informative Ergänzung zum herkömmlichen Biologie-Lehrwerk und deswegen trotz aller Kritikpunkte eines, dass man, wenn man mit einem (Pre)-Teen im Haushalt lebt, ruhig mal neben dem Klo liegen lassen kann.

Luisa Stömer, Eva Wünsch: Ebbe & (Gräfe und Unzer)

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